Das Wissen der Menschen
Wenn Augen sich im Aug' verkriechen,
Und keines einen Wunsch mehr weiß,
Wenn Wangen wie die warmen Lampen
In Kissen leuchten still und heiß,
Dann scheint mir all' Wissen der Menschen ein Harm
Gegen das Feuer der Liebe im glücklichen Arm.
von Max Dauthendey
Ich habe Dir so viel zu sagen
Ich habe Dir so viel zu sagen,
Ich glaub' nicht, daß mein Leben reicht,
Das Leben, das nach kurzen Tagen
Dem großen Todesschweigen weicht.
Mein Lied soll mir nie sterben gehen,
Sein Leben niemals ihm entflieht.
Wenn Herz und Atem still mir stehen,
Mein Lied noch singend vor Dir kniet.
von Max Dauthendey
In Liebeslust, in Sehnsuchtsqual
In Liebeslust, in Sehnsuchtsqual,
O höre mich!
Eins sing ich nur viel tausendmal
Und nur für dich.
Ich sing' es laut durch Wald und Feld,
O höre mich!
Ich sing' es durch die ganze Welt:
Ich liebe dich!
Und träumend noch in stiller Nacht
Muß singen ich;
Ich singe, wenn mein Aug' erwacht:
Ich liebe dich!
Und wenn mein Aug' im Tode bricht,
O sähst du mich!
Du sähst, daß noch dies Auge spricht:
Ich liebe dich!
von Hoffmann von Fallersleben
Liebestrost
Laß dich immer nur verhöhnen,
Liebe kennet keinen Spott.
Trost in Tränen, Trost in Tönen
Sendet dir der liebe Gott.
Wenn die Blumen sich entfalten,
Äugelt Gottes Sonne drein -
Herz, so laß den Himmel walten,
Dir auch gibt er Sonnenschein.
von Hoffmann von Fallersleben
Nachtlied
Der Mond kommt still gegangen
Mit seinem goldnen Schein,
Da schläft in holdem Prangen
Die müde Erde ein.
Im Traum die Wipfel weben,
Die Quellen rauschen sacht;
Singende Engel durchschweben
Die blaue Sternennacht.
Und auf den Lüften schwanken
Aus manchem treuen Sinn
Viel tausend Liebesgedanken
Über die Schläfer hin.
Und drunten im Tale da funkeln
Die Fenster von Liebchens Haus;
Ich aber blicke im Dunkeln
Still in die Welt hinaus.
von Emanuel Geibel
Auszählverse für Verliebte
Rumpeldipum,
Prinz Amor geht um,
Vorm Aug eine Binden,
Kann doch jede finden.
Hat die Rosenbecken
Geplündert und Stecken
Aus Rosenzweigen gemacht mit Spitzen,
Die nun in den Herzen der Mädchen sitzen.
Rum .. pum .. pum.
von Otto Julius Bierbaum
Liebe
Es ist ein Glück zu wissen, daß du bist,
Von dir zu träumen hohe Wonne ist,
Nach dir sich sehnen macht zum Traum die Zeit,
Bei dir zu sein, ist ganze Seligkeit.
von Otto Julius Bierbaum
Im Mai
Im wunderschönen Monat Mai,
Als alle Knospen sprangen,
Da ist in meinem Herzen
Die Liebe aufgegangen.
Im wunderschönen Monat Mai,
Als alle Vögel sangen,
Da hab' ich ihr gestanden
Mein Sehnen und Verlangen.
von Heinrich Heine
Erwacht
Warum hast du's angerufen -
Schlief es doch so fest und still!
Da es nun in mir erwachte,
Weiß ich nicht, was werden will!
Mit den großen Sehnsuchtsaugen
Schaut's in jeden Tag hinein ...
Lieder sing' ich, müde Lieder,
Doch es schläft nicht wieder ein!
von Anna Ritter
Hohe Liebe
In Liebesarmen ruht ihr trunken,
Des Lebens Früchte winken euch;
Ein Blick nur ist auf mich gesunken,
Doch bin ich vor euch allen reich.
Das Glück der Erde miss' ich gerne
Und blick', ein Märtyrer, hinan,
Denn über mir in goldner Ferne
Hat sich der Himmel aufgetan.
von Ludwig Uhland
Mailied
Und doch, welch Glück, geliebt zu werden!
Und lieben, Götter, welch ein Glück!
von Johann Wolfgang von Goethe